Wie würde sich unser progressives Transparenzgesetz auf die Liegenschaftspolitik auswirken?
Das Beispiel Rummelsburger Bucht
Bereits bevor im April 2019 die Bezirksverordneten Lichtenbergs dem umstrittenen Bebauungsplan XVII-4 Ostkreuz zustimmten, formierte sich eine Volksinitiative dagegen und für die Rückabwicklung der Kaufverträge mit der Coral World GmbH.
Anfang 2020 trugen die Vertreter*innen der erfolgreichen Volksinitiative ihre Forderungen und Argumente zum Bebauungsplan Ostkreuz in einer Sondersitzung des Haupt- und Stadtplanungsausschuss im Abgeordnetenhaus vor. Drei Monate später diskutierte dann das Plenum über die Forderungen, übernahm diese aber nicht.
Das Argument der damaligen Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die LINKE) gegen die Rückabwicklung: Berlin sei zu massiven Entschädigungszahlungen verpflichtet. Wirklich nachvollziehbar ist dies jedoch nicht, da die Berliner Öffentlichkeit bis heute keine Einsicht in die Verträge mit der Coral World GmbH erhält.
Ein progressives Transparenzgesetz würde dies ändern: Nach § 5 Abs. 4 des Gesetzentwurfs der Initiative, müssen Verträge der Stadt ab einem Wert von 100.000 Euro auf einem Berliner Transparenzportal veröffentlicht werden. Zudem sind diese Verträge so auszugestalten, dass sie erst einen Monat nach Veröffentlichung in Kraft treten. Damit sollen gerade solch hohe Entschädigungszahlungen wie in diesem Fall, vermieden werden. Nicht nur hätten diese also durch ein Transparenzgesetz umgangen werden können, sondern auch die spätere Argumentation von Frau Lompscher ließe sich besser überprüfen. Im bisherigen Gesetzentwurf des Senats müssen ausschließlich Verträge der Daseinsvorsorge herausgegeben werden. Die Verträge der Rummelsburger Bucht fallen nicht darunter. Dahingehend weist der Entwurf Lücken auf.
Ein weiterer Knackpunkt: Der Verkaufspreis von 20 Mio. Euro wurde im Nachhinein vielfach als deutlich unter dem Marktwert der Liegenschaft beanstandet. Doch auch diese Kritik wurde erst durch eine kleine Anfrage der Grünen möglich. Ein progressives Transparenzgesetz hätte nicht nur den in den Verträgen festgelegten Preis für die Liegenschaft öffentlich gemacht. Auch hätte die Öffentlichkeit sich durch das auf dem Berliner Transparenzportal veröffentlichte leicht zugängliche Liegenschaftskataster ein schnelles Bild von der Liegenschaft machen und deren Wert einschätzen können.
Daneben wären auch noch alle vom Senat oder dem Bezirk die Liegenschaft an der Rummelsburger Bucht betreffenden Protokolle, Gutachten, Pläne, Angaben zu Nutzungszwecken, Umweltmessungen sowie amtliche Statistiken und Studien auf dem Berliner Transparenzportal leicht durchsuchbar veröffentlicht worden.
Im Gesetzentwurf des Senats sind Gutachten, Studien oder sämtliche Statistiken, welche der politischen Willensbildung zu Grunde liegen, ausdrücklich von der Veröffentlichung und Herausgabe ausgeschlossen. Auch die Herausgabe von Protokollen des Senats oder der Bezirksausschüsse sind nicht vorgesehen. Das Liegenschaftskataster und in diesem enthaltende oder über dieses hinausgehende Nutzungszwecke öffentlicher Liegenschaften, müssten auch nicht auf einem Transparenzportal veröffentlicht werden.
Das Beispiel Rummelsburger Bucht zeigt anschaulich: Alle für Berliner*innen, Journalist*innen und Initiativen wichtige Informationen zu einem Sachverhalt wären durch ein progressives Transparenzgesetz schnell und zentral nachvollziehbar.
Durch die Veröffentlichung der Verträge kann öffentlich Kontrolle überhaupt erst ausgeübt werden.
Ein Transparenzgesetz hätte nicht nur den öffentlichen Diskurs zur Causa Rummelsburger Bucht bereichert, sondern auch allen Beteiligten die gleiche Informationsgrundlage bereitgestellt. Nur so kann auch in Zukunft eine Diskussion auf Augenhöhe zwischen Bezirk und Senat und Zivilgesellschaft ermöglicht werden. Das Abgeordnetenhaus sollte deshalb wesentliche Verbesserungen bei dem Transparenzgesetz des Senats für den Bereich der Liegenschaftspolitik vornehmen.